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Das Thema Mikroplastik nimmt in der öffentlichen Wahrnehmung immer mehr zu.
Dabei stellt sich oftmals die Frage, was ist Mikroplastik, wo ist es enthalten und ist es gefährlich? Viele Fragen zum Thema Mikroplastik können heute nicht eindeutig bzw. abschliessend geklärt werden, da globale Grundlagen wie eine einheitliche Definition und Untersuchungsmethoden und Studien zu Auswirkungen sowie Risikoanalysen ungenügend vorliegen.
Was ist Mikroplastik und wie gross ist Mikroplastik?
Mikroplastik setzt sich aus den Wörtern Mikro und Plastik zusammen. Das Wort Mikro (griech. μικρός) bedeutet klein. Der Begriff Plastik stammt aus dem Englischen: “plastics“ bedeutet Kunststoffe. Unter Plastik versteht man synthetisch hergestellte, nicht lösliche Werkstoffe mit hohem Molekulargewicht, die hauptsächlich aus Makromolekülen bestehen.
Eine einheitliche Definition zu Mikroplastikpartikeln gibt es nicht. In dem Beschluss EU) 2017/1218 DER KOMMISSION vom 23. Juni 2017 sind Mikroplastikpartikel mit einer Grösse von weniger als 5 mm eines unlöslichen, makromolekularen Kunststoffs, definiert.
Eine weltweit einheitliche Unterteilung von Mikroplastikpartikeln besteht ebenfalls noch nicht. Nach IMHOF et al. 2013 lassen sich zur Vereinfachung die Mikroplastikpartikel in grosse und kleine Mikroplastikpartikel (L-MPP und S-MPP) einteilen.
L-MPP (Large Microplastic Particles) sind 1 mm bis 5 mm gross
S-MPP (Small Microplastic Particles) sind 1 μm bis 1 mm gross
Mikroplastikpartikel können jedoch in noch kleinere Bestandteile als oben beschrieben in der Umwelt auftreten. Im Grössenbereich von 1 bis 100 Nanometern (nm) spricht man von sogenannten Nanoplastikpartikeln.
Was ist primäres und sekundäres Mikroplastik?
Je nach Verwendungszweck können die Mikroplastikpartikel in sekundäre und primäre Formen eingeteilt werden.
Das primäre Mikroplastik kann wiederum in TYP A und TYP B unterteilt werden. Primäres Mikropartikelplastik TYP A umfasst Kunststoffpartikel, die direkt als Produkt oder als Produktzusatzstoff erzeugt wurden. Beispielweise wird primäres Mikroplastik als Peeling-Körper in Kosmetik oder als polymeres Strahlmittel eingesetzt. Unter TYP B werden die Mikroplastikpartikel gezählt, die erst durch eine aktive Nutzung entstehen. Ein sehr grosser Teil von primärem Mikroplastik TYP B entsteht z. B. durch den Abrieb von Reifen beim Autofahren.
Das sekundäre Mikroplastik umfasst sämtliche Partikel, die durch Fragmentierung von grösseren Kunststoffteilen entstehen. Das sekundäre Mikroplastik entsteht in der Regel erst durch längeren Verbleib in der Umwelt. Ursache sind weltweite Mülllablagerung und achtlos weggeworfene Abfälle. Die Plastikteile verfallen also nach und nach zu winzigen Mikropartikeln – sogenanntem Mikroplastik.
Sowohl primäres als auch sekundäres Mikroplastik haben gleichermassen Auswirkungen auf die Umwelt.
Wo kommen Mikroplastik und Kunststoffe in der Umwelt vor?
Eintragsquellen von Mikroplastik in die Umwelt können durch ausgespülte Kosmetikprodukte, Abrieb von Autoreifen oder durch ausgewaschene Kunstfasern (Nylon, Polyester, Acrylfasern) aus Waschmaschinenläufen sein. Ein einzelnes Kleidungsstück kann pro Waschgang mehr als 1900 Fasern verlieren. Kleidungsstücke mit Mikrofasern sollten deswegen nicht so häufig in der Waschmaschine landen!
Kunststoffe die ins Meer gelangen, fragmentieren in Jahren bis Jahrhunderte zu Mikroplastik (sekundär). Eine Einkaufstüte benötigt 10 - 20 Jahre, ehe sie sich komplett im Meer in Mikroplastik zersetzt hat. Die PET-Flasche benötigt wesentlich länger nämlich 450 Jahre ehe sie in Mikroplastik verfallen ist. Die drastischen Auswirkungen für die Umwelt werden damit erst für nachfolgende Generationen im vollen Umfang spürbar.
Trotz alledem steigen die Mengen an jährlich neu produzierten Kunststoffen wie es scheint unaufhaltsam an. Im Jahre 1950 wurden jährlich noch 2 Millionen Tonnen neue Kunststoffe weltweit produziert. Bereits 2015 hat sich diese Menge um das 200-fache, auf 380 Millionen neu produzierte Kunststoffe pro Jahr erhöht. Es wird angenommen, dass alleine im Jahr 2016 rund 1000 Millionen Tonnen Plastikmüll in die Umwelt gelangt sind, was fast einem Drittel des weltweiten Plastikmülls entspricht.
Die Folgen? Das Ökosystem der meisten Tierarten wird durch die Plastikverschmutzung verändert. Einerseits äussern sich die Folgen des Plastikmülls durch Verstrickung, Konsum und Erstickung negativ auf die Tiergesundheit aus. Grosse Mengen an Plastik, die über die Nahrung aufgenommen werden, verursachen innere Verletzungen, Verstopfungen und im schlimmsten Fall den Tod. Beeinträchtigungen des Immunsystems und der Fortpflanzungsfähigkeit durch die enthaltenen chemischen Substanzen werden ebenfalls beobachtet. Anderseits lagert sich durch die fragmentierten/zersetzten Kunststoffe entstandenes Mikroplastik in den Böden ab, was Veränderungen der Bodeneigenschaften und einer daraus resultierenden Auswirkung auf die Pflanzengesundheit mit sich bringt. Die potentiellen Auswirkungen auf die Ökosysteme sind trotz der zahlreich gemeldeten Auswirkungen auf die Meeresorganismen noch weitgehend unerforscht.
Mikroplastik in Kosmetika?
Viele Kosmetikprodukte enthalten Mikroplastik, das unterschiedliche Zwecke in den Produkten erfüllen soll.
Funktionen von Mikroplastik in Kosmetika:
Filmbildend: Bildet einen Film auf Haut, Haar oder Nägeln.
Bindungsmittel: Gewährleistet den Zusammenhalt pulver- und puderhaltiger Produkte.
Antistatische Wirkung: Verringert elektrostatische Aufladungen (z. B. der Haare).
Haarfixierung: Ermöglicht die haltbare Formung und Gestaltung von Frisuren.
Regulierung der Viskosität: Erhöht oder verringert die Viskosität (Zähigkeit) kosmetischer Produkte.
Abrasive Wirkung: Entfernt Zahnbelag oder Verunreinigungen von der Hautoberfläche durch schleifende/polierende Wirkung.
Woran erkenne ich Mikroplastik in Kosmetika?
Der Bund-Einkaufsratgeber listet die wichtigsten Kunststoffe in Kosmetika auf. Eine Liste mit Marken, die Mikroplastik enthalten, finden Sie hier.
Polyethylen (PE)
Polypropylen (PP)
Polyethylenterephthalat (PET)
Nylon-12
Nylon-6
Polyurethan (PUR)
Acrylates Copolymer (AC)
Acrylates Crosspolymer (ACS)
Polyacrylat (PA)
Polymethylmethacrylat (PMMA)
Polystyren (PS)
Mikroplastik in Textilien
Kleidungsstücke aus Mikrofasern tragen dazu bei, dass sich die Mikroplastikpartikel im Meer anreichern. Der Umweltverband Greenpeace geht davon aus, dass mehr als ein Drittel der Mikroplastikpartikel (nicht Kunststoffe) auf synthetische Textilien zurückzuführen sind. Je nach Anteil an synthetischen Fasern werden pro Waschgang bis zu 730.000 Fasern herausgelöst. Über das Abwasser, die Kläranlagen und dem Klärschlamm gelangen die Mikroplastikteilchen ungehindert in die Flüsse, das Meer und in unsere Böden. Durch die Verwendung von Weichspülern werden etwas mehr Fasern aus der Kleidung herausgelöst.
Wieviel Mikroplastik nimmt der menschliche Körper auf?
Der von uns produzierte Plastikmüll gelangt zu uns zurück. Mikroplastik, das in der gesamten Umwelt vorkommt, gelangt in unsere Böden, ins Trinkwasser, in unsere Lebensmittel und in die Atemluft.
Wieviel Mikroplastik aus der Umwelt nimmt der Mensch auf? Hierzu liegen nur sehr wenige Studien vor. Laut einer neuen Studie der University of Newcastle (Australien), nimmt ein Mensch im globalen Durchschnitt bis zu fünf Gramm Plastik pro Woche auf. Auswertungen darüber, wie viel Mikroplastik in Fisch, Meeresfrüchten, Trinkwasser aus Kunststoffflaschen sowie durch Luftverschmutzungen aufgenommen werden, wurden in den USA durchgeführt. Dabei wurde geschätzt, dass pro Jahr 74.000 - 121.000 Mikropartikelteilchen aufgenommen werden. Wird die Wasseraufnahme nur über abgefüllte PET-Wasserflaschen gedeckt, dann können ca. 90.000 Mikrokunststoffteile dazugerechnet werden. Bei «Leitungswassertrinkern» müssen etwa 4000 Mikroplastikteilchen hinzugerechnet werden. Die Schätzungen unterliegen jedoch grossen Schwankungen, es wird angenommen, dass die Mengen an Mikropartikeln, die vom Menschen aufgenommen werden, weitaus höher liegen. Denn für wichtige Lebensmittelgruppen wie Fleisch, Getreide und Gemüse liegen keine nennenswerten Daten vor.
Für eine gesicherte Risikobewertung, fehlen bislang Erkenntnisse zum Vorkommen, der chemischen Zusammensetzung, der Partikelgrösse oder zum Gehalt von Mikroplastik-partikeln in allen Lebensmitteln und in der Luft. Jedoch steht fest, dass wir mit jeder Mahlzeit Mikroplastik aufnehmen, das über die Lebensmittelkette, die Zubereitung und über die Luft auf unseren Teller gelangen.
Gesundheitliche Auswirkungen von Mikroplastik?
Vielen stellt sich die Frage: Schadet Mikroplastik in der Umwelt der Gesundheit? Bei kosmetischen Mitteln wie Peelings, Duschgele oder Zahnpasten mit enthaltenen Mikroplastikpartikeln hat das Bundesinstitut für Risikobewertung Bewertungen durchgeführt. Dabei wurde sich mit der Frage danach befasst, ob von einer dermalen oder unbeabsichtigten oralen Aufnahme ein gesundheitliches Risiko ausgeht. Dabei geht das BfR davon aus, dass Produkte mit Mikroplastikpartikeln, die grösser als ein Mikrometer sind, über die intakte Haut nicht aufgenommen werden. Auch bei Zahnpasta, die Mikroplastikpartikel enthalten und versehentlich verschluckt werden können, ist aufgrund der Teilchengrösse eine Resorption im Magen-Darm-Trakt unwahrscheinlich.
Doch wie sieht es mit Mikroplastik in Lebensmittel aus? Die Datenlage für eine Risikobewertung für den Verzehr von mit Mikroplastikpartikeln versetzten Lebensmitteln ist derzeit nur eingeschränkt möglich. Es liegen keine Ergebnisse aus Humanstudien vor. Bei Untersuchungen im Tierexperiment wurde festgestellt, dass höhere Konzentrationen von Mikroplastik im Verdauungs- und Atemsystem zu einem frühzeitigen Tod führen können. In einigen In-vitro-Forschungsstudien wurde die Giftigkeit für Lungenzellen, Leber- und Gehirnzellen nachgewiesen.
Trotz dieser Erkenntnisse lassen sich keine pauschalen Aussagen über die Auswirkungen von Mikroplastik treffen. Eine Wirkung auf die Gesundheit des Menschen ist aber nicht auszuschliessen.
Mikroplastik vermeiden – wie geht das?
Mikroplastik kann verhindert werden, indem wir so wenig Plastikmüll produzieren, wie möglich. Folgende Tipps können dabei helfen, Plastikmüll zu reduzieren. Die Liste ist natürlich nicht abschliessend und dient nur als kleine Hilfe bzw. Inspiration.
Verwenden Sie einen Stoffbeutel anstatt einer Plastiktragetüte bzw. lehnen Sie Plastiktüten konsequent ab.
Verzichten Sie auf Kosmetikprodukte, die Mikroplastik enthalten.
Verwenden Sie feste Zahnpasta anstatt Zahnpasta aus der Tube.
Kaufen Sie Brot, Obst und Gemüse lose ein bzw. verwenden Sie ein Baumwollnetz als Tragetasche.
Fahren Sie so wenig wie möglich mit dem Auto. Denn durch den Abrieb der Reifen entstehen Mikroplastikteilchen.
Verbannen Sie unnötige Einwegprodukte aus dem Alltag, dazu gehören Plastikteller, -besteck, Plastikdeckel, Trinkhalme oder Kaffeeumrührstäbchen.
Unterstützen Sie Hofläden, «Unverpackt» und/oder «Zero-Waste»-Läden, indem Sie dort einkaufen.
«To go» verwenden Sie ihren eigenen Kaffeebecher.
Vermeiden Sie Kleidung aus Synthetikmaterialien. Häufig enthalten Outdoor- und Sportbekleidung diese Materialien.
Richtig waschen! Verwenden Sie spezielle Waschbeutel beim Waschen von Kleidung mit Synthetikmaterialien. Dadurch wird verhindert, dass die Plastikfasern abbrechen und damit nicht ausgewaschen werden.
Es muss nicht immer neue Kleidung sein! Kaufen Sie Second-Hand Kleider ein und geben älteren Kleidungsstücken ein zweites Leben.
Sammeln Sie Müll auf. Bei der sogenannten «Trash Challenge» handelt es sich um einen sinnvollen Internet-Trend. Auf der ganzen Welt räumen Menschen säckeweise Müll weg und zeigen Vorher-Nachher-Bilder im Netz z.B. unter #trashchallenge2019.
Trinken Sie Leitungswasser. Unser Leitungswasser hat eine hervorragende Qualität. Damit reduzieren Sie Plastikmüll und sparen Zeit und Geld.
Versuchen Sie, auf Fertigprodukte zu verzichten und kochen Sie möglichst selbst.
Eis in der Waffel bestellen statt im plastikbeschichteten Becher.
Plastikprodukte, die wir bereits besitzen, sollten so lange wie möglich verwendet werden.
Äussern Sie den Wunsch nach weniger Plastik! Geben Sie regelmässig Feedback an die Hersteller oder Supermärkte. Je mehr Verbraucher diesen Wunsch äussern, desto schneller findet ein Umdenken und eine Plastikmüllreduktion statt, indem z.B. die Verpackungsgrössen reduziert oder Lebensmittel lose angeboten werden.
Quellen
Beschluss (EU) 2017/1218 DER KOMMISSION vom 23. Juni 2017 zur Festlegung der Kriterien für die Vergabe des EU-Umweltzeichens für Waschmittel, Artikel 2, Abs. 1. Aktenzeichen C. 2017
BROWNE, M.A., CRUMP, P.; NIVEN, S.J.; TEUTEN, E.; TONKIN, A.; GALLOWAY, T. & THOMPSON, R.: Accumulation of Microplastic on Shorelines Worldwide: Sources and Sinks. Environmental Science & Technology 45: 9175–9179. 2011
De Souza Machado et al. Microplastics as an Emerging Threat to Terrestrial Ecosystems. April 2018
https://de.statista.com/themen/4645/plastikmuell/; zuletzt besucht am 03.07.2019
IMHOF, H.K.; SCHMID, J.; NIESSNER, R.; IVELVA, N.P. & LAFORSCH, C. A novel, highly efficient method for the separation and quantification of plastic particles in sediments of aquatic environments. Limnology and Oceanography: Methods 10: 524–537. 2012
IMHOF, H.K.; IVLEVA, N.P.; SCHMID, J.; NIESSNER, R. & LAFORSCH, C. Contamination of beach sediments of a subalpine lake with microplastic particles. Current Biology 23 (19): 867−868. 2013
Mikroplastik und andere Kunststoffe in Kosmetika. Der BUND-Einkaufsratgeber. 2015
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